Gedanken über die Vorstandsarbeit in den Ortsgruppen

- Unser Führungsverhalten -

 

Die Tätigkeit als Vorstand ist eine der verantwortlichsten Tätigkeiten als Ehrenamtlicher überhaupt. Allerdings hat die Kritik an der Qualität ihrer Arbeit in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Wenn irgendetwas schief läuft, lautet die erste Frage zumeist: "Wo war eigentlich der Vorstand ?".

 

Viele ehrenamtliche Vorstände sind bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben tatsächlich  oft überfordert. Unvorbereitet gehen sie an ihr Amt heran und werden, kaum gewählt, schnell allein gelassen. Gleichzeitig sind die Anforderungen an die ehrenamtliche Vorstandsarbeit stetig gewachsen. Dies gilt insbesondere für den rechtlichen Rahmen und auch für die Kompliziertheit öffentlicher Zuschussverfahren. Ehrenamtliche Vorstandstätigkeit jedenfalls ist heute nicht mehr "mit links " zu erledigen. (aus meiner Sicht ).

 

Last Minute Vorstände

 

Das praktische Dilemma der Vorstandsarbeit beginnt zumeist bereits bei der Besetzung des Vereinsvorstandes. Nicht selten ist man froh, überhaupt jemanden zur Kandidatur "überreden" zu können, oft unter Beschönigung der Vereinsrealität. Die Enttäuschung ist auf beiden Seiten nachher umso größer. Von hier ausgehend setzt sich der defizitäre Kreislauf fort.

 

Folgende Hauptprobleme will ich benennen:

 

Die Vorstandsbildung (Kandidatensuche, Auswahl, Gewinnung) erfolgt meistens nach dem Zufallsprinzip ("Last-Minute-Vorstände");

 

Neue Vorstandsmitglieder werden ins kalte Wasser und nicht in die Arbeit eingeführt;

 

Fehlende Ziel - und Prioritätensetzungen durch den Vorstand;

 

Unklare Kompetenzverteilungen im Vorstand.

 

So lassen sich einige Bereiche benennen, mit deren Hilfe sich ehrenamtliche Vorstandsarbeit  verbessern lässt.

 

Vorstände müssen die Sitzungszeit effektiv nutzen

 

Vorstandsitzungen sind oftmals Tummelplätze für belanglose oder überflüssige Diskussionen, die unter den Vorstandsmitgliedern das Gefühl dafür vernebeln, wofür der Vorstand eigentlich da ist.

 

Gravierendste Konsequenz: Vorstände "vergessen" mit der Zeit ihre Hauptaufgabe. Statt Zielfestlegung und strategischer Führung tappen Vorstände in die so genannte "Aktivitätenfalle". Sie beschäftigen sich mit Banalitäten. Vorstände machen sich selbst und dem Verein das Leben schwer.

 

In vielen Vorständen herrscht kein Klima, in dem Meinungsverschiedenheiten offen und sachlich ausgetragen werden können, abweichende Meinungen zugelassen, ja bewusst gesucht werden - ganz im Gegenteil. Oft fehlt der Mut zum Widerspruch.

 

Die Qualität der Vorstandsarbeit lebt von der Meinungsvielfalt. Vor allem der Vorstandsvorsitzende muss eine tolerante Haltung ausstrahlen und Kontroversen fördern.

 

Vorstände müssen sich zu Teams entwickeln

 

Viele Vorstände scheitern deswegen, weil es ihnen nicht gelingt, zu einem starken Team zu wachsen. Vorstandsarbeit ist Gruppenarbeit, und hier liegt ihre Chance - aber auch ihr Risiko.

 

Ein in sich uneiniger, unklarer, gar zerstrittener Vorstand wird hier leicht übermächtigt, zum Schaden für den ganzen Verein. Die tatsächliche Autorität eines Vorstandes hängt jedenfalls direkt von der Gruppendynamik im Vorstand selber ab.

 

Und wie wird aus einer Sammlung frisch gewählter Individualisten ein schlagkräftiges Team?

 

Vorstände müssen wissen, worum es geht

 

Vorständen fehlt oft jegliches Gefühl dafür, worum es eigentlich bei der Vereins- oder Verbandsentwicklung geht. Obwohl Vorstände für das langfristige Wohlergehen des Vereins verantwortlich sind, sind Vorstandsmitglieder zumeist unsicher oder uneinig darüber, wie der Erfolg oder Fortschritt eines Vereins beobachtet und überprüft werden sollen.

 

Vorstände müssen lernen, was wichtig ist, was man beobachten und kontrollieren muss.

 

Sie müssen lernen, welches die zentralen Indikatoren sind, mit deren Hilfe die gegenwärtige Lage des Vereins faktenorientiert und objektiv eingeschätzt werden kann - auf die es also ankommt.

 

Vorstände müssen bereit sein, zu lernen

 

Dies ist vielleicht die wichtigste aller Erfolgsvoraussetzungen. Vorstandsmitglieder sind aber selbst oft der Auffassung, dass sie schon versiert genug sind, genug wissen, und keine Fortbildung oder keine Schulung nötig haben.

 

Gute Vorstände waren fast nie von Anfang an gut.

 

Fast immer war ein Vorstand, der später zu einem exzellenten Team geworden ist, zunächst nicht mehr als eine Ansammlung ganz verschiedener Individuen. Und es braucht viel Zeit.

 

Ein Vorstand ist insofern natürlicherweise eine " lernende Organisation " - eine Gruppe von Menschen, die erst mit der Zeit die Fähigkeit entwickelt, diejenigen Ergebnisse zu erzielen, die sie erzielen will.

 

 

Wolfgang Spengler
Ehrenvorsitzender